Die Stadt Erfurt umgab ein Ring von 16 Warttürmen (1). An der westlichen Grenze lag die Warthe von Vargula. Ein kleiner Erdhügel inmitten eines riesigen Schlages erinnert an den historischen Ort. Der Wart(h)berg ist die größte Erhebung eines Plateaus über dem linken Ufer der Unstrut. Kommt man vom Sundhäuser Kreuz, führt nach etwa 500 Metern rechts ein schmaler Feldweg zu dem ehemaligen Wachtturm.
In dem
Gebiet, das inzwischen zur Gemarkung Nägelstedt gehört, gab es zwei bedeutende Fundstellen aus der Jungsteinzeit (2). Auf dem „Bornhög“, dem Bauernhügel in der Niederung an der Unstrut, fand man eine
alte Wallanlage. Zunächst leitete der lokal verantwortliche Archäologe Gutbier aus Langensalza die Ausgrabung. Ab 1902 übernahmen die bedeutenden Museen für „Völkerkunde Berlin“ und das
„Provinzialmuseum Halle“ die Arbeiten, ein Zeugnis der internationalen Bedeutung der Fundstelle. Auf dem Wartberg selbst wurden die Archäologen ebenfalls fündig. Der Berg beherbergte in einer
Sandgrube Reste eines Urnenfeldes. Kleine Scherben zeugten von Urnen mit Brandleichen. Auch Keramik des „Bernburger Typs“, Waffen, Werkzeuge und Hausgeräte kamen zum Vorschein. Ein Hirschgeweih mit
einem Schaftloch zur Aufnahme einer Klinge, Messer, Schaber und Pfeilspitzen aus Feuerstein sind Belege noch früherer Anwesenheit von Menschen in der Gegend.
Die Ansiedlung auf dem Wartberg ermöglichte einen weiten Blick in das umliegende Gelände. Auch ohne Turm lag die Niederung Richtung Westen, Norden und Süden offen und im Osten erstreckte sich ein
Hochplateau. Genau aus diesem Tal, Richtung Langensalza, traf ein uralter Handelsweg am Berg ein. Er kreuzte auf dem Kammweg eine Handelsstraße aus dem Eichsfeld kommend. Entlang dieses Kammweges
errichteten unsere Vorfahren Hünengräber. Die Rätsel der Steingräber sind noch nicht entschlüsselt. Nach ihrer kultischen Periode wurden sie als Gräber verwendet. Einzelne Fürsten, aber auch
Familien, wurden über Generationen darin bestattet. Am Weg standen mehrere solcher Gräber. In unserer alten Chronik beschrieb Arnstadt einen existierenden Hög: „Der Hügel, welcher etwa 5 Ruten im
Geviert einnahm und etwa 10 Fuß hoch war, ist …...
Um
denselben befanden sich 6 Steinkistengräber, d.h., die Gräber waren an den Seiten oben und unten mit Steinplatten umgeben. Die Höhe der Gräber und die kurze quadratische Form ließen auf eine hockende
Stellung der Leichen schließen. Außer Knochen, zum Teil gut erhaltene Schädel, fand man nichts in den Gräbern.“ Eine Gothaer Rute im Geviert betrug 21,177 m2. Also betrug der Hügel etwa 100 m2. Ein
Gothaer Fuß war ca. 29 cm groß, woraus sich eine Gesamthöhe von rund 3 m ergibt (3). Erhalten geblieben aus jener Zeit war nur das Grab am Simonshügel (Neue Chronik).
Der Aussichtspunkt am Wartberg blieb über Jahrtausende eine exponierte Stelle. Er wurde Teil eines Wach- und Warnsystems. Wann genau die Befestigungsanlage, der Vorgänger der Burg, an den Furten in
Vargula entstand, entzieht sich unserer Kenntnis. In der damaligen Burg stieß die Errichtung eines Bergfrieds, auf Grund des sumpfigen Untergrunds im Tal der Unstrut, auf unüberwindliche Hindernisse.
Die beschriebenen ankommenden Handelsstraßen fanden ihre Fortsetzung in West-Ost-Richtung zum Heiligtum auf der Tretenburg und weiter in eines der High-Tech-Regionen der Bronzezeit dem Lauf der
Unstrut folgend in Nebra und Leubingen. Die Nord-Süd-Trasse führte zum Thüringer Wald und einem Abzweig Richtung Erfurt und weiter in die Slawengebiete im Osten. Vargula war auf Grund der Furt eines
der Drehkreuze über Jahrtausende.
Hermunduren und „Thoringi“, Verbündete der Römer (jüngste Ausgrabungen um Mühlhausen), Hunnen, Thüringer, Franken- und Sachsenkönige nutzten diesen Ort ob ihrer strategischen Lage als
Kontrollzentrum. Als Vasall dieser Herrscher saß immer ein irgendwann Einheimischer in Vargula.
Den bekannten Höhepunkt der Macht dieses lokalen Herrschergeschlechts bildeten die Schenken von Vargula. Ob sie oder ihre Vorgänger mit dem gesamten Gebiet vom heutigen Nägelstedt bis zur Tretenburg
von Königen belehnt wurden, oder, wie Arnstadt es beschreibt, von den Thüringer Landgrafen, kann historisch nicht belegt werden. Urkunden zum Besitz von Land in den Orten Nägelstedt, Klettstedt und
Herbsleben existieren indes. (Arnstadt)
Es gibt keine Belege, ob sie die Warthe als Bergfried zur Burg Vargula im Tal nutzten. Als sie die Burg zu Beginn des 13. Jahrhunderts zu einer Festung ausbauten, errichteten sie im Sumpf mit
modernster Technik der Zeit einen eigenen Turm.
Im 14. Jahrhundert wurden laut Robert Huth (1) die Warthen der Stadt Erfurt errichtet. Am Ende dieses Jahrhunderts kam Vargula zu Erfurt und war Teil der Stadt. Die Stadt Erfurt umgab ein Ring von 16
Warttürmen.
(1) Robert Huth „Warttürme um Erfurt“
(2) Alfred Götze „Die vor- und frühgeschichtlichen Altertümer Thüringens“
(3) Internet Maße