Gemeinde Großvargula 1238 Jahre 786 - 2024
Gemeinde  Großvargula1238 Jahre   786 - 2024

Die letzten Patriarchen von Vargula

Über 100 Jahre prägte die Familie Sommerfeld in drei Generationen das Geschehen in Thüringen von Vargula aus, nicht so prägnant wie die Schenken, aber maßgeblich. Sie waren die Letzten ihrer Art im Ort.

Die männlichen Familienoberhäupter stellten ihre Fähigkeiten in den Dienst von Armeen, waren hoch dekoriert und kämpften an der Spitze ihrer Truppen auf verschiedenen Schlachtfeldern Europas. Sie hatten ihren Wohnsitz in Vargula, leider ist ihr Prachtbau ebenso wenig erhalten geblieben wie die alte Burg der Schenken von Vargula.

Beide Bauwerke lagen auf einer Insel, komplett umflossen von der Unstrut. Die Wört (Insel, Eiland) ist vermutlich von Menschenhand künstlich erschaffen.

Die Unstrut war ein mächtiger Sumpf, über die Bedeutung der Furten wurde hinlänglich berichtet.

Wahrscheinlich zu Zeiten König Heinrich I. im 10. Jahrhundert, wurde der alte Handelsweg von Südosten kommend, verlegt. Die Furt im Unterdorf wurde beseitigt und die Route führte künstlich hinter dem Klingelsgarten durch eine Wasserburg. Zum Winterberg floss der Strom der Unstrut. Den Vorhof der Burg erreichte man über eine Zugbrücke. Gleichzeitig entstand ein künstlicher Seitenarm, der später so benannte Mühlgraben. Er versorgte den Wassergraben um die Burg, diente selbst als Befestigungsanlage und speiste irgendwann die Mittelmühle. Später änderte und erweiterte man den bestehenden Handelsweg durch die Hintergasse bis zur mittleren Furt in Vargula, die in Erfurter Zeiten durch die Oberbrücke ersetzt wurde. Für diese Thesen sprechen die Berichte in unserer alten und neuen Chronik in Bezug auf Brücken, Mühlen und Archäologie. (1)

Der Zugang zur Wört von Osten, vom Plan, erfolgte zunächst über einen Eselssteg und durch den Mühlgraben bis später eine Brücke zur Mittelmühle gebaut wurde.

Sehr interessant sind die Eigentumsverhältnisse in Vargula. Auf der Wört existierten nebeneinander das sächsische Wörtsgut mit der Herrschaft, die Burg und später das Schloss.

Die sächsischen Wettiner, Lehnsherren des Gutes, standen in der Rechtsnachfolge der Thüringer Landgrafen, die ihrerseits wiederum von deutschen Kaisern unterschiedlicher Häuser bis zurück zu den Merowingern, den Siegern über die Thüringer Könige im Jahr 531, mit Land in Vargula belehnt wurden, das in ihr Eigentum überging. Andererseits besaßen die Schenken von Vargula eigenes Land mit der Burg und Herrschaft über Vargula, das sie direkt vom Kloster Fulda (damit von den Karolingern) erhalten hatten. (Arnstadt).

Der mächtigste Mann Thüringens seiner Zeit, der Obrist Andreas von Sommerfeld, Stadtkommandant von Erfurt im 30-jährigen Krieg, wählte freiwillig den Flecken Vargula zum Stammsitz seiner Familie.

Er und seine Söhne waren die letzten einflussreichen Personen, die von Vargula aus die Geschichte in Thüringen und darüber hinaus bestimmten, bevor der Ort in der grauen Masse der Orte in Deutschen Landen verschwand.

Andreas von Sommerfeld war der Sohn eines Lehnschulzen aus Ruppin. (Arnstadt). Er diente während des Dreißigjährigen Krieges in der Schwedischen Armee. Sein Privatbesitz lag in Ottmannshausen und Buttstädt bei Weimar. Auf Grund seiner militärischen Fähigkeiten gelangte er in der Armee der Schweden bis in den Rang eines Obristen (Oberst). In den letzten Kriegsjahren wurde er bis zum Westfälischen Frieden Stadtkommandant von Erfurt und lenkte damit die Geschicke der Stadt. Er gehörte zu den Gewinnern des Krieges. Sein persönliches Vermögen war enorm angewachsen. Von Sommerfeld war in der Lage, der Stadt Erfurt einen persönlichen Kredit zu gewähren. Die Summe belief sich auf etwa 20.000 Taler, wobei ein Taler nach heutigem Wert 48,60 € betrug (Wikipedia), zum damaligen Zeitpunkt eine gigantische Summe.

 

 

Wie bereits im letzten Teil der Geschichte von Vargula und deren Zugehörigkeit zu Erfurt beschrieben, war die Stadt quasi zahlungsunfähig, konnte also die Summe niemals begleichen. Andreas von Sommerfeld, tüchtiger Geschäftsmann, erwarb 1652 ein Pfand von Erfurt, die Herrschaft Vargula mit Burg und Besitz. Ursprünglich sollte die Pfandleihe bis 1658 gelten. Er verlegte seinen Hauptwohnsitz auf die alte Burg der Schenken von Vargula, die inzwischen modernisiert war.

In den Wirren der Nachkriegszeit des Dreißigjährigen Krieges hatte sich Andreas von Sommerfeld (ehemals in hohe Ehrenzeichen der evangelischen Sache verpflichteten Armee der Schweden) nun in den Dienst des katholischen Kurfürsten von Mainz gestellt, der nach der Herrschaft über Erfurt trachtete. Er wurde mit dem Rang eines „Mainzer Generalwachtmeisters“ belohnt. Vargula, immer noch im Besitz von Erfurt, übergab er bereits am 4. November 1663 an Kurmainz. In der Folge erteilte man ihm den Oberbefehl der Kurmainzer Truppen, die Erfurt belagerten und schließlich eroberten. Am 28. November 1664 zog der Kurfürst von Mainz feierlich in Erfurt ein und wurde von den Ständen gehuldigt. Andreas von Sommerfeld zog sich anschließend ins Privatleben zurück und starb am 10. September 1681 im Alter von 73 Jahren. Begraben liegt er im Erbbegräbnis der Familie, in einer Gruft unter unserer Kirche St. Jacobi.

Sein ältester Sohn Karl Christian wurde am 23. März 1650 noch vor der Zeit des Wohnsitzes in Vargula geboren. Gemeinsam mit seinem Bruder Kaspar Friedrich diente er in der Armee des Hauses Braunschweig-Lüneburg, früher Welfen, später Hannover.

Aus Dankbarkeit für die Familie von Sommerfeld wurde die Pfandleihe der Herrschaft Vargula erst 1695 von den neuen Herren über Erfurt, Kurmainz, ausgelöst. Es waren immer noch 19.500 Taler, die Zinsen hatten die Sommerfelds erhalten.

Bereits 1685 hatten die Brüder Karl Christian und Kaspar Friedrich das sächsische Lehnsgut, die Wört, von Albrecht von Creuzburg gekauft. In den Jahren bis zum Umzug 1695 wurde es zu einem gigantischen Schloss modernster Art umgebaut. Einziger Nachteil war die Insellage innerhalb der Unstrutarme. Mächtige Hochwasser suchten es heim.

Im Rang eines Generalleutnants nahm Karl Christian an den großen Kriegen der Zeit teil, später wurde er Generalzeugmeister der braunschweigischen Armee. Er starb am 15. Oktober 1711. Im Frühjahr war seine Frau gestorben, beide wurden zunächst in der Familiengruft unter dem Fußboden unserer Kirche im Gewölbe beerdigt. Die dritte und letzte Generation der Familie von Sommerfeld in Vargula führte der am 19. März 1687 geborene Georg Friedrich als Familienoberhaupt an. Er trat ebenfalls in die braunschweigisch-hannoversche Armee ein und brachte es zum General. Der Ehe mit Charlotte Eleonore Isabella von Hammerstein wurden zwei Kinder geschenkt, die aber in frühem Kindesalter starben. Im Jahr 1727 stellte von Sommerfeld den Antrag auf den Bau eines Erbbegräbnisses außerhalb der Kirche. 1747 wurde es in der jetzigen, im Jahr 2020 erhalten gebliebenen Form, fertig gestellt. Die Jahreszahl 1747 steht über der Tür des Gebäudes auf dem Friedhof, das im Volksmund „Leichenhalle“ heißt. Oberhalb der Jahreszahl zieren zwei Wappen die Eingangsfront, das der Sommerfelds und derer von Hammerstein. Das Wappen der Familie von Sommerfeld ist ein viergeteiltes Schild, abwechselnd bestehend aus zwei Lilien und zwei Fischen.

Am 12. Oktober 1760 starb der General Georg Friedrich von Sommerfeld in Hannover. Der Leichnam wurde im hochadeligen Erbbegräbnis der Familie auf dem Friedhof Großvargula am 15. Dezember 1760 beigesetzt. In das Gewölbe des neuen Erbbegräbnisses hatte man die Leichen des Vaters Karl Christian, dessen Ehefrau und der beiden verstorbenen Kinder Georg Friedrichs umgebettet. Der Sarg des Letzten von Sommerfeld in Vargula, Georg Friedrich, stand dort provisorisch bis in die 70er Jahre des 19. Jahrhunderts, also über 100 Jahre. 1864 wurde er in Erwartung von reichen Grabbeigaben von einem Einbrecher namens Gösel aufgebrochen. Er fand aber nur die einbalsamierte Leiche vor. Albert Arnstadt war als Kind persönlich Zeuge des grausigen Anblicks. In den 1870er Jahren wurde schließlich die Leiche des Generals in der Gruft des Erbbegräbnisses eingemauert.

 

Die Witwe des Generals Georg Friedrich hatte das Wörtsgut 1763 verkauft und verzog aus Vargula. Ihr Leichnam liegt nicht auf unserem Friedhof. Die Familie von Sommerfeld lebte 111 Jahre in

Vargula, davon 43 Jahre auf dem Pfandbesitz der Herrschaft.

Vor allem Schutz verdankt Vargula der Familie. Geblieben ist ein Gebäude mit dem Wappen, ein Modell ihres Schlosses und die Erinnerung an die Stärke der drei Offiziere, die in Vargula lebten und zum Wohl des Ortes handelten.

 

 

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